Am 9. Dezember hatte unser BI-Mitglied Johannes Zerger Gelegenheit, vor dem Stadtentwicklungsausschuss der BVV zu sprechen. Hier noch einmal zum Nachlesen:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Bezirksverordnete und Bürgerdeputierte, sehr geehrter Herr Stadtrat, 

vielen Dank für die Möglichkeit, die Anliegen der Bürgerinitiative „Gasometer retten!“ heute hier vorstellen zu können. 

Sie sehen an der Zahl der Gäste, dass ein großes Interesse an der geplanten Gasometer-Bebauung besteht. Und es  gab ja einigen Unmut, dass die mit unserem Anliegen verbundenen Tagesordnungspunkte bei der letzten Ausschusssitzung vertagt wurden, weil viele von uns sich für die Teilnahme an dieser Sitzung frei nehmen oder Termine verschieben mussten. Wenn die Vertagung auf die heutige Sitzung dazu beiträgt, dem Denkmalschutz einen höheren Stellenwert einzuräumen, soll uns das aber natürlich recht sein.

Mein Name ist Johannes Zerger. Ich bin einer der Mitbegründer der Bürgerinitiative.

Wir sind seit gut zwei Monaten aktiv, weil uns die Sorge umtreibt, dass im nun angestoßenen Bebauungsplanverfahren der Denkmalschutz nicht ausreichend berücksichtigt wird und der Gasometer durch die geplante Bebauung in seiner identitätsstiftenden Bedeutung für die Schöneberger Insel und in seiner stadtbildprägenden Wirkung für ganz Berlin nicht nur eingeschränkt, sondern bis zur Unkenntlichkeit verändert wird.

Wie Ihnen bekannt ist, haben wir am 4. Oktober dazu Offene Briefe an Frau Schöttler, Herrn Oltmann, die Untere Denkmalschutzbehörde und das Landesdenkmalamt geschrieben.

Wie Sie vermutlich auch wissen, haben wir Anfang November eine Online-Petition auf der Plattform Change.org gestartet, die bereits von mehr als 5.000 Menschen unterzeichnet wurde.

In den letzten Wochen haben wir unzählige Gespräche mit den Menschen hier im Kiez geführt. Und die Reaktion ist immer die gleiche: Die Menschen sind entsetzt darüber, was geplant ist.

Das geht von vielen jungen Menschen, die hier aufgewachsen sind, bis zu dem 76-jährigen Rentner, der unsere Unterschriftenliste vor der BioInsel unterschreibt, weil er keinen Internetzugang hat. Da sind der angestammte Handwerker, die Verkäuferin im Zeitungsladen, der türkischstämmige Inhaber des Döner-Imbiss, der hier seit 30 Jahren lebt, genauso dabei wie die jungen Kreativen aus Frankreich oder Spanien, die erst vor 2 Jahren zugezogen sind. 

Für die einen ist der Gasometer „Heimat“, weil der Gasometer seit eh und je in und für ihren Kiez steht. Und alle, die nicht schon immer hier leben, haben in kurzer Zeit erkannt, was für ein einzigartiges Industriedenkmal der Gasometer ist. Allen gemeinsam ist, dass sie den Gasometer toll finden, wie der da über Schöneberg in den Himmel ragt – mit seiner monumentalen Schönheit und dem Durchblick durch das filigrane Stahlgerüst. Nicht wenige drücken es so aus, dass sie den Gasometer einfach lieben!

Aber die Bedenken gegen die Gasometer-Bebauung gehen weit über den Bezirk hinaus. Weil der Gasometer nicht nur für Denkmalschützer*innen in ganz Berlin als unverwechselbare Landmarke eine besondere Ausstrahlungskraft hat. Und auch bundesweit regt sich Kritik, weil die Bebauung eines solch einzigartigen Industriedenkmals zu Recht als Angriff auf unser kulturelles Erbe verstanden wird.

Allen diesen Menschen spricht es aus dem Herzen, was wir in unserer Online-Petition fordern: 

  • Keine Bebauung des Gasometers über die vom Denkmalschutz im Bebauungsplanentwurf 7-29 vorgegebene Höhe im Bereich der oberen beiden Felder!
  • Keine Bebauung des Gasometers, die das denkmalgeschützte Stahlgerüst in irgendeiner Weise gefährden oder beschädigen könnte!  
  • Vor jeder Form der Bebauung muss der Eigentümer des EUREF-Geländes zur vollständigen und fachgerechten Umsetzung aller vom Denkmalschutz geforderten Maßnahmen zum Erhalt des Gasometers verpflichtet werden.

Alles, was wir bisher aus dem Bezirksamt zum neuen B-Plan-Verfahren hören, erfüllt uns mit großer Sorge. Oder, um es mit den Worten von Ihnen, Herrn Oltmann, zu sagen, mit denen Sie am 12. März 2016 – damals noch in anderer Funktion – in der Berliner Woche zitiert wurden: „Es ist mehr als unverständlich, warum dem Investor scheinbar alles genehmigt wird, ohne dass er hierfür selbst die notwendigen Bedingungen erfüllt.“

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie als BVV-Mitglieder auf: Lassen sie sich nicht vor den Karren von Herrn Müller spannen, der im 3-Monats-Rhythmus durchsickern lässt, dass es einen Mieter gibt, um den Druck auf Sie als BVV-Mitglieder zu erhöhen, dass es zu seinen Ausbauplänen vermeintlich keine Alternative gibt. 

Nehmen Sie den Auftrag von Politik ernst und gestalten Sie aktiv den Prozess, der das Gemeinwohl vor das Interesse eines Immobilienentwicklers stellt, der nur seine wirtschaftlichen Ziele verfolgt.

Im Moment besteht der Eindruck, dass hier ein Bebauungsplanverfahren durchgezogen werden soll, in dem die Bedenken des Denkmalschutzes nicht ernst genommen, sondern „weggewogen“ werden sollen. 

Um sicherzustellen, dass es einen ernsthaften, transparenten und gerechten Abwägungsprozess gibt, fordern wir, dass es ergänzend zu den im B-Plan-Verfahren zwingend vorgesehenen Beteiligungsschritten vor einer abschließenden Entscheidung über die Höhe der Bebauung des Gasometers eine öffentliche Expertenanhörung zu allen Fragen des Denkmalschutzes gibt.

Nur mit einer solchen Expertenanhörung zum Denkmalschutz können Sie den Eindruck entkräften, dass hier Politik gegen die Menschen gemacht wird.

Damit würden Sie auch dem Rechnung tragen, was zumindest die Grünen in ihrem Wahlprogramm für die laufende Legislaturperiode versprochen haben. Dort heißt es: „Gleichzeitig beharren wir darauf, dass auch ein Projekt mit solch innovativen Unternehmenszielen in Dimensionen realisiert werden muss, die dem bezirklichen Umfeld angemessen sind.“

Das sollte nicht nur für die Grünen gelten, sondern für alle demokratischen Fraktionen in dieser BVV!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ein Gedanke zu „BI im Rathaus“
  1. Eine sehr gute Rede, leider durfte ich aufgrund des vollen Saales nicht dabei sein.
    Könnt Ihr bitte auch über die Beratung der zwei Anträge der Linken zum Gasometer berichten?
    Vielen Dank
    ps.: Die BVV am 16.12.2020 wurde pandemiebedingt reduziert auf das Thema Beschluss der Sondermittel. Alle Weiteren Tagesordnungspunkte werden erst in der nächsten BVV, vorraussichtlich am 20.01.2020 behandelt. Bis dahin empfehle ich die Einreichung von Einwohnerfragen zu übern, denn es wird leider immer schwieriger in Schöneberg die Fragen durchzubekommen.
    Der nächte Stadtplanungsausschuss findet voraussichtlich am 13.01.2020 statt.

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