Die Bahn will in den Gasometer, so steht es immer wieder in der Presse und das haben die Wirtschaftssenatorin und Euref inzwischen auch publik gemacht, ungeachtet des noch laufenden Bebauungsplan-Verfahrens. Wir haben an die Bahn AG den folgenden Offenen Brief geschrieben in der Hoffnung, dass das Unternehmen den Denkmalschutz ernst nimmt und erklärt, auch in ein Denkmalschutz-konformes Gebäude mit weniger Platz ziehen zu wollen, der in Nach-Corona-Zeiten vermutlich ausreichen wird.

Hier der Brief zum Nachlesen:

An den 

Vorstand der Deutschen Bahn AG

Potsdamer Platz 210785 Berlin

Berlin, den 14.03.2021

Offener Brief mit der dringenden Bitte um Ihren Beitrag zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes bei der Bebauung des Gasometers in Berlin-Schöneberg

Sehr geehrter Herr Dr. Lutz, sehr geehrte Damen und Herren,

wir schreiben Ihnen in Sorge um die Erkennbarkeit des Gasometers auf der Roten Insel in Berlin- Schöneberg, einem einzigartigen Industriedenkmal, das für die unmittelbare Wohnumgebung, den Bezirk Tempelhof-Schöneberg und ganz Berlin von besonderer historischer Bedeutung ist.

Mit dem Argument, die Deutsche Bahn AG wolle in dem geplanten Büroturm 2.000 Arbeitsplätze unterbringen, versucht der EUREF-Vorstandsvorsitzende Reinhard Müller im derzeit laufenden Bebauungsplanverfahren Druck auf die bezirklichen Entscheidungsträger auszuüben, damit eine höhere Bebauungshöhe festgesetzt wird, als bisher zugelassen. 

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, haben diese Pläne die Kritik des Denkmalschutzes, der Umweltverbände und der Anwohner*innen hervorgerufen. Die Online-Petition „Gasometer retten!“ wurde bereits von mehr als 9.000 Menschen unterzeichnet (www.change.org/gasometer). Auch bei einer aktuellen Umfrage des Tagesspiegels hat sich eine deutliche Mehrheit der über 3.000 Teilnehmer*innen kritisch zu der geplanten Gasometerbebauung geäußert.

In der Presse wurde mehrfach berichtet, dass Sie das geplante Gebäude mieten und Ihre Digitalsparte auf das EUREF-Gelände verlagern wollen. Zugleich wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass Sie derzeit den Bedarf an Büroflächen für den Gesamtkonzern bis zum Jahr 2030 neu berechnen.  Angesichts des allgemeinen Trends zu steigenden Homeoffice-Tätigkeiten dürfte sich der Bedarf der DB an Büroflächen vermutlich perspektivisch ebenfalls eher verringern als erhöhen.

Sollten die Presseberichte zutreffen, dass Ihr Unternehmen beabsichtigt, den geplanten Büroturm zu mieten, appellieren wir eindringlich an Sie, nur so viele Arbeitsplätze im Gasometer einzuplanen, wie unter Einhaltung der im bisherigen Bebauungsplan 7-29 genehmigten Bebauungshöhe von 57 Metern und bei Freilassung der beiden oberen Felder des Stahlgerüsts (drei Stahlgerüstringe) dort untergebracht werden können. In der öffentlichen Debatte ist hierbei von 1.700 Arbeitsplätzen die Rede. 

Damit würden Sie einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Erkennbarkeit des Gasometers als europaweit einzigartiges Industriedenkmal, stadtbildprägende Landmarke und identitätsstiftendes Symbol von Berlin-Schöneberg zu erhalten. 

Alle anerkannten Institutionen des Denkmalschutzes haben vielfach auf die herausragende historische Bedeutung des Gasometers mit seinem filigranen Stahlgerüst hingewiesen. In seiner Stellungnahme zum laufenden Bebauungsplanverfahren vom 23.02.2021 hat das Landesdenkmalamt noch einmal bekräftigt, dass es selbst der bisher vorgesehenen Bebauungshöhe im Jahr 2010 nur „unter Zurückstellung erheblicher denkmalpflegerischer Bedenken“ zugestimmt habe und eine „höhere Bebauung die stadtbildprägende Wirkung und die Ablesbarkeit der technischen Konstruktion des Gasometergerüsts erheblich beeinträchtigen würde“.

Wir schätzen die Deutsche Bahn AG als modernes und klimabewusstes Unternehmen, das immer wieder unter Beweis gestellt hat, dass es sich der besonderen Leistungen der internationalen Ingenieurskunst und der großen Bedeutung der Technikentwicklung bewusst ist, die Teil Ihrer eigenen Unternehmensgeschichte ist und auch im Schöneberger Gasometer ihren Ausdruck findet. 

Als langjährige Bahnkund*innen und Anwohner*innen der Schöneberger Insel bitten wir Sie: Unterstützen Sie uns in unseren Bemühungen um den Erhalt des Gasometers in seiner einzigartigen Ästhetik! Machen Sie deutlich, dass ein Gebäude, das den Belangen des Denkmalschutzes nicht gerecht wird, nicht in Ihrem Interesse liegt und eine über das bisher zulässige Maß hinausgehende Bebauung keinesfalls eine Voraussetzung für die Nutzung durch die DB darstellt.

Für Rückfragen oder ein vertiefendes Gespräch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

In der Hoffnung auf die Berücksichtigung der weit über den Bezirk hinausgehenden historischen Bedeutung des Gasometers bei Ihren Entscheidungen und eine positive Antwort verbleiben wir 

mit herzlichem Dank und freundlichen Grüßen

Johannes Zerger

Bürgerinitiative „Gasometer retten!“

Ein Gedanke zu „Offener Brief an die Deutsche Bahn“
  1. Wohne in der Cheruskerstraße mit Blick aufs Gasometer. Heute wieder zwei Kolkraben längere Zeit auf dem oberen Kranz beobachtet (mehre Brutversuche in den vergangenen Jahren).

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