Auslegung B-Plan 7-29 – bis 24.02.2021 können Einwände erhoben werden

Quelle: Der Tagesspiegel

Ab Montag, dem 25.01.2021, ist der umstrittene Bebauungsplan 7-29 wieder für einen Monat in der Auslegung, wie wir bereits gemeldet haben. Sämtliche Unterlagen, Gutachten und Informationen können unter dieser Adresse zum Download abgerufen werden. AnwohnerInnen, EigentümerInnnen benachbarter Häuser, Wohnungen oder Grundstücke aber auch alle anderen Interessierten können bis zum Ablauf der Frist für die Bürgerbeteiligung am 24.02.2021 Anregungen, Einwände und Gegenvorstellungen beim Bezirksamt einreichen.

Dies ist der zweite Anlauf. Bereits 2009 versuchte das damals noch von SPD und CDU dominierte Bezirksamt, dem umstrittenen Bauherrn Reinhard Müller und seiner „EUREF AG“ ein umfassendes Baurecht auf dem ehemaligen Gasag-Gelände am Schöneberger Gasometer rechtsverbindlich einzuräumen. Dies scheiterte letztlich daran, dass Müller und seine Firma die mit dem Bezirk vertraglich vereinbarte Straße vom Sachsendamm unter den Bahngleisen hindurch nicht baute und stattdessen den Bebauungsplan verfallen ließen. Der bereits durch die Bezirksverordneten beschlossene Plan diente zwar als Grundlage für umfangreiche klotzige Neubauten auf dem Gelände auf Basis einer „vorzeitigen Planreife“ – nur zum Plan kam es nie; der blieb das, was die „alte“ Bürgerinitiative Gasometer befürchtet hatte – eine Planungsruine.

Was bedeutet und wie funktioniert so ein Bebauungsplan?

Begriff

Ein „B-Plan“ ist nichts anderes als eine Satzung nach dem Baugesetzbuch (BauGB), über deren Inhalt eine Gemeinde (in Berlin mit seinem zweistufigen Verwaltungsaufbau: der Bezirk) Baurecht gestaltet und Baurecht schafft. Konkret heißt das in unserem Fall, dass die Ausweisung des ehemaligen Gaswerks am Gasometer als Kerngebiet mit hoher baulicher Auslastung und etwa 135.000 m² Geschossfläche einschließlich einer Bebauung des Gasometers von innen bis fast ganz nach oben als zulässig festgelegt wird. Für alle Zeiten.

Ein wirksamer B-Plan setzt also einen Beschluss der Gemeinde voraus, zuerst einen Aufstellungsbeschluss (der wurde mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen Tempelhof-Schöneberg bereits durch die BVV gefasst). Daran schließt sich eine Auslegung zur zwingend vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung für einen Monat an, deren Ergebnisse nach einem formellen Abwägungprozess Eingang in den B-Plan finden sollen. Zuletzt stellt die Bezirksverordnetenversammlung den B-Plan fest, dieser wird dadurch verbindlich und kann nur noch gerichtlich angefochten werden. Auf Grundlage dieses Plans werden dann (wenn noch nicht geschehen) die konkreten Baugenehmigungen im Bereich der räumlichen Geltung des Plans geprüft und erteilt.

Die Auslegung

Das Verfahren für die zwingend erforderliche Auslegung ist in § 3 BauGB geregelt. Wenn das Bezirksamt gründlich arbeiten würde (und es ihm ernst wäre mit der Bürgerbeteiligung), dann würde vorab eine „frühzeitige Bürgerbeteiligung“ nach Absatz 1 erfolgen:

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1.

Gesetze im Internet, § 3 BauGB

Dies ist nicht zwingend. Zwingend vorgeschrieben ist aber die für mindestens einen Monat erfolgende öffentliche Auslegung der dem Plan zugrunde liegenden Unterlagen (Gutachten, Pläne, Begründungen) – dies dient dazu, den Betroffenen und Anwohnern die Prüfung und Gewichtung der Interessenabwägung und der möglichen Beeinträchtigungen durch die der Planung folgenden baulichen Veränderungen zu ermöglichen. Ob überhaupt und wenn ja, wie eine solche Auslegung in Zeiten einer Pandemie mit „Lockdown“ überhaupt möglich und zulässig ist, das ist umstritten und problematisch. Denn nicht jeder hat einen Internetzugang und große Monitore und kann problemlos auf die Pläne und sonstigen Unterlagen im Internet zugreifen.

Die während der Auslegung eintreffenden Anregungen und Einwendungen der Öffentlichkeit sollen Eingang in die weitere Planung (also den fertigen B-Plan) finden; dies ist die Idee. In der Praxis und besonders im vorliegenden Fall dürften aber „die Würfel gefallen“ sein. Es ist anzunehmen, dass das Bezirksamt mit seinem extrem investorenfreundlichen Stadtrat Jörn Oltmann (Bündnis 90/Die Grünen) nur versuchen wird, die kommenden Einwendungen möglichst schnell und geräuschlos „wegzuwägen“, also in einem standardisierten Abwägungsprozess beiseitezuschieben.

Wie läuft die Beteiligung ab?

Betroffene und interessierte Bürger können sich vor Ort (im Rathaus) über die Grundlagen der Planung informieren und die Gutachten usw. einsehen. In Zeiten der Pandemie wird dies aber vermutlich über das Internet erfolgen.

Jeder kann sich beteiligen und Anregungen und Einwände formulieren. Die unmittelbare Betroffenheit (also zum Beispiel die Verschattung der eigenen Wohnung durch den Ausbau des Gasometers) ist nur Voraussetzung für eine mögliche spätere Klage gegen den B-Plan und die darauf aufbauenden Genehmigungen, nicht aber für die Einwendungen selbst. Es ist also jeder aufgerufen, seine Bedenken und Einwände in den Planungsprozess einzubringen nach dem Motto: „Viele Augen sehen mehr.“

Es gibt keine besonderen Formvorschriften oder Voraussetzungen. Die Einwendungen müssen aber bis zum Ablauf der Auslegungsfrist beim Bezirksamt eingegangen sein. Als Beispiel für mögliche (und unmögliche) Einwendungen haben wir einmal verschiedene Stellungnahmen von AnwohnerInnen aus der 2009 erfolgten Auslegung zusammengestellt und als PDF zum Download bereitgestellt (PDF-Dateien als ZIP gepackt).

Aus einfachen taktischen Gründen ist zu empfehlen, auch formale Mängel (wie zum Beispiel die eingeschränkte Beteiligung durch den „Lockdown“) zu erwähnen und vor allem den eigenen Bezug zu den Einwendungen („wie werde ich selbst konkret beeinträchtigt?“) zu erwähnen. Allgemeine Ausführungen beispielsweise zur Verschandelung des Gasometers sind zwar lesenswert, sollten aber nicht allein stehen.

Ebenfalls sollten Einwendungen beweisbar und erst kurz vor Ablauf der Auslegungsfrist beim Bezirksamt eingehen.

Gibt es Muster? Noch nicht, aber wir werden (wie schon 2009) eine Liste mit möglichen Einwendungen rechtzeitig bereitstellen als Formulierungshilfe. Grundsätzlich gilt aber: Je individueller und detailfreudiger und konkreter, umso besser.

Was passiert dann?

Nach der Auslegung kommt die Abwägung; dies geschieht durch Fachleute und Verwaltungsmitarbeiter und endet mit einer Art Bericht. Dieser wird zusammen mit dem eigentlichen (theoretisch auch abgeänderten) B-Plan der Bezirksverordnetenversammlung vorgelegt und von dieser mehrheitlich beschlossen. Danach wird der B-Plan veröffentlicht und tritt in Kraft. Er kann dann nur noch durch Klage direkt angefochten werden (als so genannte Normenkontrollklage) und/oder aber indirekt, wenn betroffene Anwohner und Nachbarn gegen die auf Grundlage des B-Plans erteilte Baugenehmigung in Widerspruch gehen und klagen.

Die ehemalige Schöneberger Bürgermeisterin Elisabeth Ziemer hat uns Ihre Einwendung gegen die Bebauung des Gasometers zur Verfügung gestellt. Nachfolgend veröffentlichen wir sie 1:1:

Einsprüche und Anregungen zum B-Plan 7-29, erneute Auslegung 2021

Berlin, 16.2.2021

 „Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten.“ (Baugesetzbuch §1, Absatz 5)

Dieses Ziel sehe ich mit dem vorliegenden Bebauungsplan nicht erreicht.

Grundsätzlich gehört meines Erachtens die Möglichkeit dazu, alle erreichbaren Informationen über die geplanten Vorhaben abwägen zu können. Da einerseits viele der Gutachten einen Zustand betrachten, der sich auf das Jahr 2008 bezieht und andererseits der Eigentümer den Zutritt zum Gelände verwehrt, sodaß vor Ort kein eigener Eindruck über die vielen bereits realisierten, bzw. geplanten Baumassen zu erhalten ist, weist das B-Planverfahren schwerwiegende Mängel auf.

Die Begründung zum B-Plan 7-29 ist übertitelt u.a. mit EUREF-Campus und Teilflächen der Torgauer Strasse. Üblicherweise wird angegeben, welche offizielle Strassenadresse ein Grundstück hat, deshalb rege ich an, hier ebenfalls die Nummern der Torgauer Strasse anzugeben, auf die sich der B-Plan bezieht. In der Begründung von 2014 war dies der Fall.

Zu 2.1.2.4 Bodenbelastungen, Kampfmittel und Abfälle 

Es wird dargestellt, daß der Bereich des ehemaligen Gaseinigerhauses (Fläche D, Baukörperausweisung 3) nicht auf Bodenbelastungen untersucht werden konnte, da dieser mit einem in Nutzung befindlichen Büro- und Verwaltungsgebäude bebaut ist und es wird daraus richtigerweise geschlossen, daß hier bislang unbekannte relevante Bodenbelastungen nicht ausgeschlossen werden können. 

Insofern darf diese Fläche nicht aus dem Verdachtskataster entlassen werden.

Zu 2.2.2.3 Gewässerbelastungen und Schmutzwasser 

Es entsteht auch hier der Eindruck, daß der Eigentümer von den Belastungen freigestellt werden soll, da es heißt: „Die Sanierung der noch bestehenden Grundwasserschäden ist unverhältnismäßig. Im Rahmen der Sanierungsverträge für die drei Teilbereiche wurde zudem der Verzicht auf Sanierung vereinbart.“ Was ist mit unverhältnismäßig gemeint und warum wird auf die Sanierung verzichtet und auch nach Abbau der meisten Grundwasseruntersuchungsstellen keine neuen mehr angebracht? Das Grundwassermonitoring wurde 2020 beendet.

Forderung: Grundwasser weiterhin überprüfen.

Zu 2.4.2 Stadtentwicklungsplan Wirtschaft 2030 

Hier heißt es, daß der am 30.4.2019 vom Senat beschlossene Stadtentwicklungsplan Wirtschaft 2030 die künftigen Bedarfe an Gewerbe- und Büroflächen eruiert habe und man von einem enormen zusätzlichen Flächenbedarf für Büros ausgehe (ca. 3 bis 5 Mio. m2 Geschossfläche). 

Das dürfte sich aufgrund der schon ein Jahr andauernden Pandemie angesichts des verstärkten home-office geändert haben. Insofern muß diese Prognose revidiert werden. Da sich die Deutsche Bahn bisher auch nicht dahingehend geäußert hat, daß sie in ein zukünftiges Bürogebäude im Gasometer ziehen will, muß der B-Plan hinsichtlich der Bebauung des Gasometers überarbeitet werden.

Unabhängig von einem Vertrag mit der DB bezieht sich die Aussage des STEP Wirtschaft 2030 bezüglich der Büroflächen aber nicht auf diesen Standort. Der wird als Wissenschaftsstandort dargestellt. Der Text muß daher revidiert werden.

2.4.2.1 Pflanzen und die biologische Vielfalt 

Hier fehlt etwas im Satz: „Durch die neue Bebauung einschließlich der Tiefgarage im Plangebiet ist ein großer Teil der vorhandenen Vegetation einschließlich des Baumbestandes innerhalb der Fläche bedingt durch Altlastensanierung und Baufeldfreimachungen für die verloren gegangen.“ Bitte ergänzen. 

Da davon ausgegangen wird, daß „vom Baumbestand 51 Bäume verloren gehen“ – wo ist der Ausgleich dafür?

Zu 2.4.5 Stadtentwicklungsplan Klima 

In der Begründung heißt es, daß dem StEP Klima zufolge das Bioklima des Plangebiets ebenso wie große Teile der übrigen dicht bebauten Innenstadt sowohl tags als auch nachts als bioklimatisch belastet eingestuft werden. Da ohnehin die Schöneberger Insel ein hohes Defizit an Grünflächen hat, wird im Plangebiet ein prioritärer Handlungsbedarf gesehen und Dach- und Fassadenbegrünungen empfohlen. Welche Festsetzungen gibt es für solche Dach- und Fassadenbegrünungen im B-Plan, bzw. warum gibt es keine Dach- und Fassadenbegrünungen an den bereits erstellten Neubauten?

Zu 2.5.3 Hochhausleitbild 

In der Begründung wird das vom Senat am 25.2.2020 beschlossene Hochhausleitbild für Berlin mit seiner zu berücksichtigenden Abwägungsdirektive erwähnt. Die Direktive verlangt eine umfängliche und frühzeitige Partizipation der Öffentlichkeit. Von einer umfänglichen Partizipation kann wohl nicht die Rede sein, wenn der Zutritt zum Plangebiet verwehrt wird. Für Hochhausvorhaben wird außerdem ein Wettbewerbsverfahren gefordert. 

Dieses Wettbewerbsverfahren ist in der Begründung nicht enthalten. Gibt es darüber einen städtebaulichen Vertrag mit dem Eigentümer? Falls das BA keinen Wettbewerb sicherstellen will – warum nicht bei diesem letzten großen Teleskopgasometer in Europa? 

Der B-Plan muß eine Regelung zum Wettbewerb aufnehmen. Daß das Vorhaben “ im Rahmen der bestehenden Kubatur der Stahlkonstruktion, die für das lokale und stadtweite Umfeld bereits im Bestand prägend ist“ stattfinden soll, ist kein Argument gegen einen Wettbewerb, da der Gasometer ein wertvolles Denkmal ist, es sich um eine durchsichtige Stahlkonstruktion handelt, und diese auf Dauer verstellt werden soll. 

Das Hochhausleitbild enthält ferner spezifische Planungsgrundsätze zur Nutzbarkeit der Erdgeschosszone und des Dachgeschosses für die Öffentlichkeit. Es gibt bereits verschiedene realisierte Hochhausbauten auf dem Gelände, trotzdem ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die B-Plan-Begründung muß also die öffentliche Zugänglichkeit des ganzen Bereiches und der Dachgeschosse im Plan festschreiben.

2.9 Anlagenschutzbereich 

Die Radaranlage auf dem eh. Flughafen Tempelhof kann aufgrund ihrer Hochfrequenzstrahlung „eine nicht unerhebliche Belastung“ von sich im Gasometer über einer Höhe von mehr als 50 m aufhaltenden Personen darstellen. In der Begründung heißt es: „Für das Gebäude im Gasometer sind Belastungen unwahrscheinlich, da das Stahlgerüst als ‚Faraday’scher Käfig‘ fungiert.“ Diese Behauptung wird durch keinerlei Untersuchung bestätigt, ist fahrlässig und sollte gestrichen werden.

In einem städtebaulichen Vertrag wird der Eigentümer verpflichtet, nach Realisierung des inzwischen weiter erhöhten Bauvorhabens die Strahlungsbelastung zu untersuchen und ggflls. technisch „die Belastung von Personen zu minimieren bzw. in den entsprechenden Geschossen nur geeignete Nutzungen anzuordnen.“

Angesichts der Gefährlichkeit dieser Strahlung ist es absurd, erst ein Gebäude zu bauen und zu vermieten und danach die Strahlung zu messen und dem Mieter evtl. die Nutzung der oberen Etagen zu verbieten. Daher muß erst eine Untersuchung der Strahlung und ihrer Ergebnisse erstellt und als Anlage zum B-Plan gegeben werden.

Zu 2.5.2.2 Besonnung 

Die neue Gesamthöhe im Gasometer soll 70,88 m betragen (S. 77 sind es 71,5 m?!). Die öffentlichen Grünanlage Nordspitze wird durch dieses private Bauvorhaben im Sommer nachmittags um 3 h in ca. 50% der Fläche zusätzlich verschattet. Im Frühjahr und Herbst um 1 h. 

In der Fassung von 2014 hieß es noch, daß die Nordspitze im Winter vollständig ca. 2 Stunden zusätzlich verschattet wird. S. 49 

Der Winter wurde in der neuen Fassung ausgelassen. Bitte wieder in den Text aufnehmen und zwar so, daß die neue Höhe berücksichtigt wird, falls die Höhe nicht reduziert werden sollte!

Die geplante Höhe zeigt, daß das Vorhaben für die mit Grünflächen unterversorgte Schöneberger Insel erhebliche Nachteile mit sich bringen wird.

Zur Beschattung von Wohngebäuden heißt es unter 3.3., daß die zusätzliche Verschattung verschiedene Gebäude in der Nachbarschaft betreffe, „da sie im Winter weniger als eine Stunde bzw. gar keine Sonne erhalten.“ In der alten Fassung ist eine „erhebliche“ Verschattung von 7 Gebäuden mit Adressen genannt. Sie ist sicher nicht weniger geworden, ebensowenig die Häuser. Die Formulierung sollte hier präziser und nicht so weichgespült lauten. 

Von einer dem „Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung“ kann hier wohl keine Rede sein. Insofern ist der B-Plan fehlerhaft.

Zu 2.6.2 Prognose über die Entwicklung des Umweltzustandes bei Durchführung der Planung 

Es wird behauptet, daß „die wichtigen Sichtachsen auf den Gasometer baulich freigehalten werden, sodass er weiterhin gut sichtbar bleibt.“ Vom Sachsendamm aus gesehen ist dies schon heute nicht mehr der Fall. Durch den Hotelneubau wird er völlig in den Hintergrund abgedrängt. 

Zu 2.7.2 Prognose über die Entwicklung des Umweltzustandes bei Durchführung der Planung 

Es wird behauptet, daß lediglich das oberste Feld der Konstruktion unbebaut bleiben soll. Das stimmt nicht. Vielmehr werden ein Staffelgeschoß und eine Kuppel in das oberste Feld hineinragen.

Dieser Satz ist also zu korrigieren.

Daß eine Bebauung des Innern des Gasometer-Gerüsts „grundsätzlich von den Denkmalschutzbehörden mitgetragen“ wird ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Hier sollte ganz klar gesagt werden, daß das Landesdenkmalamt einer Bebauung des Gasometers nur unter Zurückstellung erheblicher Bedenken zugestimmt hat und gegen eine weitere Erhöhung Stellung bezogen hat. 

In der alten Fassung der Begründung heißt es denn auch: Bei der zulässigen Höhe der Bebauung im Gasometer wurde dem Erfordernis des Denkmalschutzes gefolgt und die zulässige Höhe so weit reduziert, dass noch zwei Ringe der Stahlkonstruktion frei bleiben und keine Dachaufbauten erfolgen. S. 59 Und weiter: Durch das Freilassen der beiden oberen Stahlgerüstringe bleibt der typische transparente Charakter in der Fernsicht weitgehend erhalten. S. 53

Der Landesdenkmalrat hat zuletzt in seinem Beschluß vom 6.3.2020 folgende Empfehlung abgegeben: 

„Empfehlung des Landesdenkmalrats zum Gasometer Schöneberg: Der Landesdenkmalrat nimmt mit Befremden zur Kenntnis, dass in den die aktuellen Planungsüberlegungen für eine Bebauung innerhalb des Gasometers die Vorgaben des LDA und die Empfehlungen des Landesdenkmalrats von 2016 offenbar nicht beachtet werden. Er verweist mit Nachdruck hierauf und stellt fest, dass das filigrane Gerüst des Gasometers bei der projektierten Bebauung nicht mehr angemessen wahrzunehmen sein wird. Der Rat betont, dass die gravierenden Eingriffe in das bedeutende technische Denkmal, dessen Wert aufgrund zunehmender Seltenheit dieses Bautyps noch gestiegen ist, zwingend über ein 

konkurrierendes Verfahren und über korrekte, transparente Entscheidungsprozesse abzuklären sind.“

Zu 2.11 Geplante Maßnahmen zur Vermeidung, Verhinderung, Verringerung und zum Ausgleich von erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen 

Es heißt hier, daß aus der Prognose über die Entwicklung des Umweltzustandes bei Durchführung der Planung hervorgeht, dass Eingriffe in die Schutzgüter Pflanzen, Tiere und die biologische Vielfalt sowie Landschaftsbild eintreten werden, bzw. im vorliegenden Fall bereits eingetreten sind. Bei den sonstigen von der Eingriffsregelung erfassten Schutzgütern liegt hingegen kein Eingriff vor. 

Das stimmt nicht. Das Denkmal ist ebenfalls ein Schutzgut und bei ihm liegt ein Eingriff vor, der hier dargestellt werden muß.

Weiter heißt es, daß „ein vollständiger Ausgleich nicht erreicht werden kann. Dies ist jedoch nach § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB auch nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.“ Prima, besten Dank für die vielen Baugenehmigungen ohne B-Plan! Ausgleiche sind also nicht mehr erforderlich, obwohl Verschlechterungen eintreten – da im Schutzgut Denkmal noch kein Eingriff erfolgt ist – wo ist der Ausgleich dafür? Bitte in den Text einbringen!

In einem städtebaulichen Vertrag wurde eine Frist für die Sanierung des Gasometers festgesetzt. Diese sollte in der Begründung auftauchen. Da das Stahlgerüst entgegen mehrfacher Beteuerungen des Eigentümers nicht saniert wurde und immer mehr verrostet, ist zu fragen und darzustellen, welche Konsequenzen das Überschreiten der Frist hat. Der vom Eigentümer (wieder einmal) am 16.2.2021 behauptete Sanierungsbeginn am Gasometer sollte mit einer Endfrist im B-Plan festgeschrieben und selbstverständlich mit dem LDA abgestimmt sein.

Zu 3.2 Geplante Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen 

Es wurde mit dem Eigentümer vereinbart, daß es alle zwei Jahre eine Überprüfung der Fledermauskästen dahingehend geben soll, ob sie von den Tieren angenommen werden. In der alten Fassung der Begründung heißt es ergänzend, daß bei Nichtakzeptanz der Aufhängungsort oder die Bauweise zu verändern seien. (S. 60) Das muß hier ergänzt werden. Eine Überprüfung ohne Konsequenz ist sinnlos.

III. Planinhalt und Abwägung

1.      Ziele der Planung und wesentlicher Planinhalt 

Ziel und Inhalt der Planung haben sich wesentlich gegenüber der früheren Fasung der B-Plan-Begründung geändert.

In der Begründung heißt es neu, daß hier ein Kompetenzzentrum für Energie in der Kooperation und Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mit Unternehmensrepräsentanzen europäischer Energiekonzerne, kleineren im Energiebereich tätigen Firmen, Forschungseinrichtungen sowie gastronomischen Angeboten und ein kleines (???) Hotel/Boardinghaus mit Veranstaltungs- und Seminarräumen entstehen soll, bzw. inzwischen entstanden ist. Also „ein insgesamt hochwertiger Büro- und Dienstleistungsstandort in Verbindung mit wissenschaftlichen Einrichtungen.“ 

In der bisherigen Begründung von 2014 aber ist der „Mittelpunkt des Forums“ „das Europäische Energie-Institut“ „in dem bisher getrennt arbeitende Energiefachrichtungen (fossile Energie, erneuerbare Energie, Kernenergie) zusammengebracht werden. Im Institut soll interdisziplinär Forschung betrieben werden und an unterschiedlichen technologischen Lehrstühlen im Rahmen von Masterstudiengängen, ‚Summer Schools‘ und weiteren Fortbildungsmöglichkeiten u.a. zu Folgen des Wandels in der Energieversorgung ausgebildet werden. Darüber hinaus soll das EUREF-Institut auch beratend tätig sein. Die Verknüpfung von Naturwissenschaften, Wirtschafts- und Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften soll neue Ansätze bei Energiedienstleistungen, Energieeffizienz und der Umsetzung der Emissionsziele, aber auch in der Energieaußen- und Sicherheitspolitik schaffen.“ S.14

D.h. daß hier nicht mehr – wie ursprünglich vom Eigentümer behauptet -eine Energieuniversität entsteht, sondern hauptsächlich ein Bürostandort mit Hotel und Gastronomie und einem sehr kleinen Bereich eines AN-Instituts der TU Berlin. Von einem Forschungscampus kann nicht mehr die Rede sein, auch deshalb sollte die Überschrift über der Begründung sich vom „EUREF-Campus“ verabschieden.

Damit endlich klar wird, was von den vielfältigen in die Welt gesetzten Nutzungen des Geländes der Realität entspricht, muß die Begründung auflisten, welcher Baukörper wie tatsächlich genutzt werden und wie die prozentuale Verteilung von Forschung/Wissenschaft und Büros/Dienstleistung aussieht.

Insofern entspricht der geänderte B-Plan nicht mehr der Grundlage des STEP Wirtschaft 2030, der hier noch einen der 11 Zukunftsorte Berlins mit der Zielsetzung Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und das Plangebiet als Wissenschaftsstandort darstellt. Fraglich ist daher die Ableitung aus dem STEP Wirtschaft und die Kompatibilität mit ihm.

Zu 3.3 Bauweise, überbaubare Grundstücksflächen

Wie ist folgender Absatz zu verstehen: „Für nicht denkmalgeschützte Bestandsgebäude innerhalb der Baukörperausweisungen Nr. 3, 4, 8A, 8B und 8C, bei denen noch Entwicklungsspielraum für bauliche Erweiterungen und Anbauten ermöglicht werden soll, ist eine erweiterte Baukörperausweisung vorgesehen.“

Da der B-Plan vorschreiben will, daß nicht mehr als 135.000 qm gebaut werden dürfen, ist diese Formulierung erklärungsbedürftig.

Der Baukörper mit einem Radius von 29,5 m im Gasometer soll 1 m Abstand zur inneren Kante des Stahlgerüstes halten. Im vorhergehenden Entwurf heißt es: „Die Festsetzung der Baugrenze mit einem Radius von 29,5 m für den neuen Baukörper wird gewährleisten, dass ein Abstand von etwa 0,7 m vom Stahlgerüst eingehalten wird.“ Wie kommt es zu diesem Unterschied? Das Stahlgerüst wird ja nicht geschrumpft sein.

ZU 3.4 Höhe baulicher Anlagen und Zahl der Vollgeschosse 

In der Begründung heißt es: „Das Erscheinungsbild des Gasometers wird sich durch die Bebauung im Innern verändern. Die freie Durchsicht, die seit rund 15 Jahren vorherrschte, wird sich bei einer vollständigen Ausnutzung der Baumöglichkeiten auf Teile des oberen Rings beschränken.“ Der Gasometer wurde 1995 stillgelegt.  Der Gasometer zeigt das jetzige Bild des Stahlgerüsts also mindestens seit 25 Jahren. Da er aber vor 1995 auch nicht mehr voll beladen war, ist dieser Zeiraum noch länger anzusetzen. Bitte richtig rechnen und präzise Zeit nennen!

Das BA Tempelhof-Schöneberg argumentiert für eine Erhöhung der Ausnutzung des Gasometers mit dem STEP Wirtschaft 2030, in dem ein „enormer Bedarf insbesondere nach Büro- und Dienstleistungsflächen“ dargestellt sei. Das stimmt nicht für diesen Zukunftsort. Insofern ist der Text zu ändern.

Unrichtig ist auch folgender Satz: „Die geplante Höhe des Neubaus soll das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gasometers mit dem innenliegenden Gasbehälter wieder erkennbar werden lassen.“ Der Gasbehälter war ein nicht feststehender, teleskopartig ausfahrbarer Behälter und zeigte daher fast nie ein völlig ausgefahrenes Bild, denn das Gas wurde laufend wieder abgeführt und damit sank der Behälter. Das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gasometers war also ein dynamisches, das mit einem feststehenden, jede Durchsicht verhinderndenden Gebäude nichts zu tun hat.

3.4.1 Überschreitung der Oberkanten durch Dachaufbauten, Werbeanlagen auf Dächern 

Irreführend ist der Satz: „Der obere Ring des Gerüstes soll aus Gründen des Denkmalschutzes bewusst weitgehend freigehalten werden.“ Das Staffelgeschoß mit der abschließenden Haube werden in den letzten Abschnitt hineinragen und damit auch diesen verstellen. Das sollte hier klar und deutlich gesagt werden.

3.5.2 Abstandsflächen der Gebäude im Kerngebiet untereinander 

Die Abstandsflächen der Gebäude werden nicht eingehalten, aber auch die Abstandsflächen der Gasometerbebauung zur Umgebung, etwa der Nordspitze und dem Cheruskerpark, werden nicht eingehalten. Während das in der vorhergehenden Begründung noch ausgeführt wird, verzichtet man an dieser Stelle auf die neue, der erhöhten Bebauung innerhalb des Gasometers entsprechenden Berechnung. Dies ist nachzuholen.

3.6.1.1 Verkehrsuntersuchung 

Es wird behauptet, daß weniger Kfz das Plangebiet ansteuern, als prognostiziert. Richtigerweise wird auf eine bessere Erschließung der Torgauer Straße für den Fuß- und Radverkehr orientiert. Daß die Gehwege verbreitert werden ist zu wünschen, daß die Kopfsteinstraße asphaltiert werden soll, ist völlig unverständlich.

Asphalt erhitzt sich im Sommer und beeinträchtigt zusätzlich das belastete Klima vor Ort (was in der Begründung mehrfach als negativ dargestellt wird) und führt zu unerwünschten Hitzeinseln. Asphalt ist nicht nachhaltig, sondern muß immer wieder geflickt werden, was sowohl finanziell nachteilig wie als Erdölprodukt umweltschädlich ist. Asphalt läßt im Gegensatz zum Kopfsteinpflaster kein Regenwasser versickern, sondern leitet es in die Kanalisation ab und belastet sie zusätzlich, obwohl schon die hohe Versiegelung des EUREF-Gebietes die öffentliche Kanalisation in Anspruch nehmen muß.

Das Kopfsteinpflaster hingegen ist ein wertvolles, Millionen Jahre altes Naturprodukt, das für den Fahrrad-, Fuß- und allen weiteren Verkehr in entsprechend breiter Spur eine abgeschliffene, flache Oberfläche erhalten kann, sodaß auch Rollatoren, Kinderwagen etc. keine Schwierigkeiten bei der Befahrung haben. Das Modell dazu ist in der ganzen Länge Am Lokdepot in Schöneberg zu besichtigen. Der Senat hat beschlossen, daß Berlin sich zur Schwammstadt entwickeln soll, die Versiegelung der Torgauer Straße ist kontraproduktiv und belastet das Klima zusätzlich.

3.9.1 

TF 3.1 

Immissionsschutz Lufteinhaltung 

Daß im Geltungsbereich des Bebauungsplans nur die Verwendung von Erdgas oder Heizöl EL als Brennstoff zugelassen und keine Ausschlußkriterien dafür dargestellt werden, ist für einen angeblichen Energieforschungsstandort doch etwas rückwärtsgewandt.  Warum werden also Heizöl EL und Erdgas nicht nur zugelassen, sondern vorgeschrieben? 

Ich hoffe, daß die Bürgerbeteiligung ihren Namen verdient und Einwendungen tatsächlich aufgegriffen und nicht nur weggewogen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Elisabeth Ziemer