Was plant EUREF?

Der Gasometer soll ausbaut werden

Der Schöneberger Gasometer ist seit 1995 nicht mehr in Betrieb und ein unter Denkmalschutz stehendes, weithin sichtbares Industriedenkmal. Jetzt gibt es Planungen der Eigentümerin, den Gasometer möglichst bis zum letzten oberen Ring auszubauen. Der Bezirk hat dazu einen alten Bebauungsplan „7-29“ reaktiviert und will dieses Vorhaben damit planungsrechtlich absichern. Die Auswirkungen auf die Umgebung und für den Gasometer Schöneberg sind gewaltig.

Die Vorgeschichte

2007 gab der Projektentwickler Reinhard Müller bekannt, dass er das mehr als 50.000 Quadratmeter große Gelände am ehemaligen Gaswerk Schöneberg mit dem unter Denkmalschutz stehenden Gasometer und diversen weiteren unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden erworben habe und dort ein „Campus“ – faktisch eine Ansammlung von Bürogebäuden – plane. Das ganz lief und läuft bis heute unter der Bezeichnung „EUREF“ und bezeichnet sich als „Energie-Forum“. Die Legenden für dieses Areal wechselten in den folgenden Jahren mehrfach; zunächst sollte hier eine private Universität mit Schwerpunkt Energie entstehen, danach war die Rede von einer Ansiedlung der „Bucerius Law School“ – einer juristischen Privatuniversität. Was jedoch blieb, war eine Planung für ein Kerngebiet mit extrem hoher Auslastung der Fläche durch Bürogebäude. Dieses Kerngebiet sollte als „gated Community“ (also komplett geschlossen) ausgestaltet und über eine durch den Vorhabenträger zu bauende Straße vom Autobahnkreuz Schöneberg/Sachsendamm kommend erschlossen werden.

Dagegen formierte sich Widerstand der Anwohner, die sich Anfang 2008 zur „Bürgerinitiative Gasometer“ zusammen schlossen und mit Protestaktionen, Flugblättern und Informationen über eine Webseite gegen die gigantische Planung protestierten. Nach der in solchen Fällen gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Auslegung wurde im Juli 2009 der so genannte „Bebauungsplan 7-29“ durch die CDU/SPD Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg beschlossen.

Dieser Bebauungsplan konnte jedoch bis heute nicht in Kraft treten, weil die dafür notwendige Erschließung durch eine Straße vom Autobahnkreuz Schöneberg/Sachsendamm nicht kam – der Vorhabenträger wollte oder konnte die finanziellen Investitionen für die mit dem Bezirk vereinbarte Erschließungsstraße nicht aufwenden.

Was blieb, war eine 2010 durch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof-Schöneberg beschlossene „vorzeitige Planreife“, mit der EUREF umfassende Baurechte eingeräumt wurden, obwohl eine der wesentlichen Bedingungen für den Bebauungsplan 7-29, nämlich die Erschließungsstraße, fehlte.

In den folgenden Jahren baute EUREF auf dem Gelände am Gasometer ein Bürohochhaus nach dem anderen – auf Grundlage der „vorzeitigen Planreife“.

Der Ausbau des Gasometers

Der ursprüngliche Bebauungsplan 7-29 enthält eine textliche Festsetzung zur Oberkante der möglichen Bebauung im Gasometer: 98,5 m über NHN (Null) und eine Geschossfläche von 30.800 m².

Dieser Bebauungsplan ist obsolet, weil die damals vereinbarte verkehrliche Erschließung u.a. durch die mit dem Bezirk vereinbarte „Planstraße“ vom Sachsendamm nicht mehr gesichert ist.

Es existiert ein neues Gutachten zur verkehrlichen Erschließung, nach dem eine Erschließung des gesamten Plangebiets am Gasometer auch mit einer Geschossfläche von 135.000 m² allein durch die Torgauer Straße (vom Sachsendamm her) möglich sein soll.

Der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Jörn Oltmann (Grüne) möchte – warum auch immer – erklärtermaßen den obsoleten Bebauungsplan 7-29 „finalisieren“ und neu mit folgenden Änderungen beschließen:

Die Flächen der so genannten „Planstraße“ sollen aus dem räumlichen Geltungsbereich herausgenommen werden

Die insgesamt auf dem Plangebiet wegen der „vorzeitigen Planreife“ zulässige Geschossfläche soll von bisher 163.800 m² auf 135.000 m² reduziert werden.

Die im Führungsgerüst des Gasometers Schöneberg zulässige Gebäudehöhe soll neu und höher festgelegt werden: Bebauung bis zur Höhe des vorletzten Ringes (Traufhöhe des Hauptbaukörpers 107 m über HNH) und darüber ein Staffelgeschoss „mit einer sehr flachen Kuppel“ (111 m über NHN, Scheitelpunkt der Kuppel 113 m über NHN) – damit wäre das Führungsgerüst des Gasometers faktisch bis zum letzten Ring ausgebaut.

Die höhere bauliche Auslastung des Gasometers bedeutet dort (also im Gasometer) ca. 35.000 m² Bruttofläche statt vorher 30.800 m² (nach der obsoleten alten Planung). Die Höhe der Bebauung steigt um rund 10 Meter.

Eine (völlig unverbindliche-) Äußerung der EUREF/Reinhard Müller zu den Vorteilen für den Bezirk aus diesem Vorhaben ging dahin, dass die dringend notwendige Erneuerung der Torgauer Straße von EUREF übernommen werde (baulich und möglicherweise kostenmäßig).

Hier ist aber die Faktenlage so, dass die Ertüchtigung (Asphaltierung, Straßenentwässerung) der Torgauer Straße in diesem Bereich bereits fertig finanziert und projektiert ist. Sie scheiterte aber bisher daran, dass EUREF die dafür notwendigen Straßen- und Tiefbauarbeiten verweigerte unter Hinweis auf die eigenen Bauarbeiten und den notwendigen Fahrzeugverkehr auf das eigene Gelände.

Bei einer Ertüchtigung und/oder Erneuerung der Torgauer Straße würde eine Entwässerung neu gebaut; u.a. dafür könnte der Bezirk ohnehin Erschließungsbeiträge von EUREF erheben.

Mit diesen Änderungen soll der „finalisierte“ Bebauungsplan 7-29 noch in diesem Jahr in die gesetzlich vorgeschriebene Auslegungsphase gehen und noch in 2021 vor den nächsten Abgeordnetenhauswahlen beschlossen werden, so dass EUREF danach den Gasometer (möglichst bis zum letzten Ring) ausbauen kann.